Dialog aufgrund von Normverletzungen

Schwere Auswirkungen für Mensch und Natur

Unternehmen Andritz AG
Land Türkei
Status Abgeschlossenes Engagement
Andritz case study image - Dam, Mekong

Wo der Mensch grossflächig in die Natur eingreift, um seinen Energiebedarf zu stillen, führt dies oft zu gravierenden Konsequenzen für die Natur. Auch Staudämme als Quelle von erneuerbaren Energien gehören dazu. Siedlungen und kulturelles Erbe werden geflutet, Ökosysteme zerstört und damit auch die Lebensgrundlage vieler Anwohnenden. Die neue Kontrolle über das Wasser birgt zudem Konfliktpotential mit den flussabwärts liegenden Staaten.

Drei besonders kontroverse Staudamm-Projekte der jüngeren Vergangenheit waren Belo Monte in Brasilien, Ilisu in der Türkei und Xayaburi in Laos. Alle wurden ohne ausreichende Konsultation der Anwohnenden und gegen grosse Widerstände realisiert. Die in Graz, Österreich ansässige Andritz AG war bei allen genannten Projekten Hauptzulieferer für Turbinen und Generatoren der Wasserkraftwerke – dies teilweise auch noch nachdem alle anderen internationalen Partner auf öffentlichen Druck hin ausgestiegen waren. Obwohl Andritz als Zulieferer nur beschränkt Einfluss auf die Bauvorhaben selbst ausüben kann, warf die Involvierung in die Vorfälle ein schlechtes Licht auf das Unternehmen.

Hat Andritz die ESG-Risiken im Blick?

Als langfristig orientierte Investoren ist es den Mitgliedern des SVVK ein Anliegen, dass Unternehmen ESG Risiken umfassend berücksichtigen, um ihren langfristigen Erfolg zu sichern. Deshalb suchte der SVVK, zusammen mit seinem Engagement Partner Sustainalytics, den direkten Dialog mit Andritz. Nach einem zögerlichen Start entwickelte sich während zweier Jahre ein konstruktiver Austausch. Die entscheidende Frage dabei: Wie geht Andritz heute mit Projekten um, welche zwar attraktiv sind, aber hohe Nachhaltigkeitsrisiken bergen? Würde die Firma solche Risiken künftig frühzeitig erkennen?

Ein konstruktiver Dialog

Im Verlaufe der Gespräche zeigte sich, dass schon einiges praktiziert, aber noch nicht formell verankert wurde oder gegen aussen kommuniziert wird. Andritz bestätigte, dass eine Umwelt- und Sozialverträglichkeitsprüfung Pflicht für alle Grossprojekte sei und legte die Kriterien dar.

Dass das Unternehmen dem Thema insgesamt mehr Aufmerksamkeit gibt, widerspiegelt auch die detailliertere Berichterstattung. 2020 nannte Andritz die «Einhaltung rechtlicher und ethischer Normen» als wichtigstes ESG Thema. 2021 wurde eine ESG-Strategie bekanntgegeben mit dem Ziel, ESG-Risiken besser in die Standardsysteme einzubinden.

Zweitens bestätigte Andritz, aktiv am neuen Hydropower Sustainability Assessment Protocol (HSAP) mitgewirkt zu haben, welches von der Wasserkraftindustrie, den Umweltverbänden und Entwicklungsländern gemeinsam entwickelt wurde. Das Protokoll dient als Messinstrument und soll insbesondere die nationalen Behörden und Auftraggeber von Dammprojekten für die Einhaltung von Umwelt- und Sozialstandards sensibilisieren. Das Projekt wird auch von der Schweiz finanziell gefördert.

Ein stärkeres ESG Risiko-Bewusstsein

Schliesslich bestätigt auch ein Blick auf die Analysen verschiedener Researchpartner, dass sich die Kontroversen-Bilanz von Andritz stark gebessert hat. Seit dem Höchstwert von März 2011 ist das Risiko von weiteren Vorfällen seit Juli 2020 sukzessive gefallen und wird aktuell von allen Anbietern als gering bis moderat bewertet.

All diese Faktoren weisen auf ein verbessertes ESG Risiko-Bewusstsein hin und haben dem SVVK ermöglicht, den Dialog abzuschliessen. Der SVVK möchte Andritz ermutigen, zukünftig noch transparenter über seine Kriterien und Prozesse zu berichten, sowie die ESG-Risiken auch im zentralen Kontrollsystem und auf der obersten Führungsebene zu verankern.

Quellen: SVVK-ASIR (2022), Sustainalytics (2022), RepRisk (2022), Andritz Sustainability (2022), International Hydropower Association: Hydropower Sustainability Assessment Protocol (2020). Bild: Lillian Suwanrumpha, AFP.